Sein Name geht auf den Turm der Festung zurück, die im Hundertjährigen Krieg die Gironde-Mündung schützte. Weinbau wird hier seit dem 14. Jahrhundert betrieben, doch der Aufstieg begann erst im späten 17. Jahrhundert unter der Familie de Ségur. Bereits im 18. Jahrhundert war ein Latour zwanzigmal so teuer wie ein gewöhnlicher Bordeaux – eine Auszeichnung, die 1855 zur Ernennung zum Premier Grand Cru Classé führte.
Struktur, Energie und Komplexität
Das 96.5 Hektar grosse Weingut profitiert von einem einzigartigen Mikroklima: Der angrenzende Atlantik mildert Temperaturschwankungen des launigen Médoc-Klimas, die breite Flussmündung schützt vor Frost und fördert eine gleichmässige Reife. Die Böden bestehen aus kargem Kies mit lehmigem Untergrund, was tiefe Wurzeln erzwingt, und Konzentration, Struktur und Komplexität begünstigt. Die unterschiedlichen Bodenprofile werden mit den passenden Rebsorten bestockt. 76% der Fläche nimmt Cabernet Sauvignon ein. Er sorgt für Farbe, Tannin und Lagerfähigkeit. Auf den unteren Ton-Kalkstein-Hängen dominiert Merlot (22%). Dieser mildert die Strenge des Cabernet und sorgt für Körper und Rundheit. Petit Verdot (2%) wird in deutlich geringeren Anteilen angebaut und sorgt im finalen Wein für ein exotisches Aromaprofil und eine seidige Tanninstruktur.
Drei Weine, drei Stile
Für eine grösstmögliche Kontrolle und Präzision wird jede Parzelle separat geerntet, per Hand selektiert und separat vinifiziert. Auf dem Weg zu den Bottichen werden die Trauben in zwei weiteren Schritten sorgfältig sortiert. Die Vinifikation findet in temperaturgeregelten Edelstahltanks statt. Der Ausbau erfolgt ausschliesslich in neuen französischen Eichenfässern, die jährlich erneuert werden.
Der Grand Vin de Château Latour ist kraftvoll und langlebig, oft Jahrzehnte reifefähig. Les Forts de Latour, der Zweitwein, stammt von gesonderten Parzellen und jüngeren Reben, zeigt aber klar die Handschrift des Hauses. Der Drittwein Pauillac de Latour wird aus den jüngsten Rebstöcken der Appellation vinifiziert und ist früher zugänglich.
Moderne Vision in historischem Rahmen
Seit 1993 gehört Latour dem Unternehmer François Pinault, der das Gut umfassend modernisierte und Lagerkapazitäten vergrösserte, da Latour keine Weine mehr en primeur verkauft. Heute widmet sich ein 70-köpfiges Team der permanenten Qualitätssicherung und Weiterentwicklung biodynamischer Methoden, etwa durch den Einsatz pferdegezogener Pflüge zur Bodenschonung und durch Massnahmen zur Erhaltung der Artenvielfalt.
Ein Ausdruck von Kraft, Eleganz und Zeit
Latour steht für langlebige Weine mit tiefer Struktur, reifer Frucht, geschliffenen Tanninen und einem fast endlosen Abgang. Sie verkörpern das Zusammenspiel von Natur, Geschichte und Handwerkskunst – und sind selbst in der Elite der Bordeaux-Weine ein Synonym für Beständigkeit und Klasse.