Süssweine
Dessertweine: Süssweine & Likörweine
Die Welt der Dessertweine ist überraschend vielfältig und nimmt Sie mit auf eine Reise durch verschiedene Länder und deren unterschiedlichsten Speisen. Charakteristisch für alle Dessertweine ist die vorhandene Restsüsse im Geschmack. Für die Herstellung qualitativ hochwertiger süsser Weine kommen unterschiedliche Verfahren zum Einsatz, die eine Einteilung der Dessertweine in zwei Kategorien begründen: Zum einen gibt es Likörweine wie etwa Sherry und Portwein, bei denen die Gärung des Mostes durch Zugabe hochprozentigen Alkohols gestoppt wird und der unvergorene Restzucker im Dessertwein verbleibt; sie harmonieren wunderbar mit intensiven Süssspeisen oder zu pikanten Käsen.
Zum anderen gibt es natursüsse Weine, deren süsser Geschmack aus unvergorenem Fruchtzucker resultiert, ohne dass Alkohol zugegeben wird. Bei diesen Dessertweinen spielen die Traubenreife bzw. die Verfeinerung der Traubenreife eine elementare Rolle. Zudem existieren differenzierte Produktionsmethoden, woraus Weine mit sehr unterschiedlichen Aromen, Stilistiken und Süssegraden entstehen; je nach Sorte kann der Restzuckergehalt zwischen circa zwanzig Gramm und mehreren hundert Gramm pro Liter variieren.
Die Essenz des Weins
Unter den süssen Dessertweinen finden sich einige der klangvollsten Namen und berühmtesten Etiketten der gesamten Weinwelt – beispielsweise der Sauternes von Chateau d’Yquem. Derartige Dessertweine können die Geniesserinnen und Geniesser auch nach Jahren und Jahrzehnten der Lagerung noch verzaubern, denn sie gehören zu den lagerfähigsten und faszinierendsten Weinen überhaupt. Die Herstellung hochwertiger süsser Weine ist enorm aufwändig und nur unter bestimmten natürlichen Voraussetzungen möglich.
Die Herstellung von Dessertweinen ist manchmal auch ein riskantes Spiel mit der Natur. Symbolisch für dieses Risiko ist die Eisweinherstellung. Hierfür werden die Trauben im Herbst am Rebstock belassen, bis diese im Winter bei mindestens minus sieben Grad geerntet werden können, um kleinste Mengen eines konzentrierten, natursüssen Weins mit hohem Säuregehalt hervorzubringen. Da der Frost respektive die Produktion nicht kalkulierbar ist, birgt die Eisweinproduktion immer auch die Gefahr des Totalverlusts der Ernte. Zudem werden die verbliebenen Trauben streng von Hand selektiert, damit ausschliesslich geeignete Trauben verarbeitet werden; der Ertrag des abgefüllten Eisweins liegt bei nur circa zehn Prozent dessen, was die ursprünglich verbliebene Traubenmenge erbracht hätte. Doch die Mühe lohnt sich: Ein gelungener Eiswein ist eine geschmacklich einzigartige Pretiose, ein Dessertwein-Kunstwerk, das den Lauf der Natur mit Mut und Können des Winzers verbindet.
Varianten der Süssweinherstellung
Neben der Spezialität Eiswein gibt es verschiedene weitere Verfahren für die Herstellung von Dessertweinen: So gibt es beispielsweise fruchtsüsse Dessertweine, die aus kerngesunden, reifen Trauben erzeugt werden und deren Gärung durch Feinfiltrierung oder Schwefelung vorzeitig beendet wird. Je nach Qualitätsstufe verbleibt eine unterschiedliche Menge Zucker als Süsse im Wein. Dabei entstehen elegante Dessertweine mit niedrigem Alkoholgehalt und einem verspielten Charakter. Sie bestechen mit klarer Frucht, zarter Süsse und feiner Säure, wie etwa feinherbe Kabinett-, Spät- oder Auslese-Rieslinge von Mosel, Saar und Nahe.
Zudem gibt es Dessertweine, die aus getrockneten Trauben produziert werden, wie etwa Vin Santo aus der Toskana oder Recioto, der restsüsse Bruderwein des Amarone aus Venetien. Diese und andere Passito-Weine haben gemeinsam, dass die vollreif geernteten Trauben auf Strohmatten gut belüftet und über mehrere Wochen getrocknet werden, bis sie nahezu vollständig rosiniert sind. Durch diesen Trocknungsprozess erhöht sich sowohl die Zuckerkonzentration als auch die Intensität der Aromen. Nach schonender Pressung reifen die späteren Dessertweine oft über Jahre in kleinen Eichenfässern zu vollendeter Komplexität. Passito-Dessertweine sind von enormer Dichte, weisen Noten getrockneter Früchte auf und besitzen eine cremige Textur am Gaumen.
Die dritte Gruppe bilden Dessertweine aus Trauben, die von der sogenannten Edelfäule befallen sind. Besondere klimatische Einflüsse – feuchte Frühnebel und hohe Tagestemperaturen im Herbst – ermöglichen den Befall durch Botrytis. Die Beerenhaut wird perforiert, wodurch ein Trocknungsprozess am Weinstock einsetzt und eine natürliche Konzentration des Saftes entsteht.
Beispielsweise werden Trockenbeerenauslesen aus Österreich oder Deutschland auf diese Weise gewonnen. Auch der wohl berühmteste Dessertwein der Welt aus der Appellation Sauternes im Bordeaux entsteht durch Botrytis. Dieser Dessertwein ist enorm reich und üppig süss, mit Aromen von reifem gelbem Obst und kandierten Früchten, feiner Würzigkeit von Safran und Kardamom sowie einer zarten Vanillenote aus dem Barriqueausbau.
Dessertweine als Essensbegleiter – viel mehr als nur ein Nachtisch
Leider werden süsse Weine vielfach auf ihre Funktion als Dessertbegleiter reduziert. Dabei sind seriös bereitete Dessertweine die Essenz dessen, was aus Weintrauben gewonnen werden kann. Als Essensbegleiter bilden sie gemeinsam mit Desserts und herzhaften Käsespezialitäten den krönenden Abschluss einer Tafelrunde.
Doch Dessertweine können weit mehr leisten: In ihrer Vielfalt von leicht und schlank bis gehaltvoll und üppig eignen sie sich für kulinarische Paarungen fast ebenso vielseitig wie trockene Weiss-, Rot- und Schaumweine. Nicht nur süss zu süss harmoniert hervorragend, auch die Gegensätze süss und scharf oder süss und salzig ergeben spannende Kombinationen. Fruchtsüsse Mosel-Rieslinge passen sowohl zu leichten Desserts und fruchtigen Saucen als auch zu herzhafter Hausmannskost oder würzigen asiatischen Gerichten. Aufgrund ihrer Leichtigkeit eignen sich Dessertweine zudem als Terrassen- oder Apérowein. Zu Passito-Weinen wie Vin Santo passen nicht nur Cantuccini, sondern auch salzige oder fettreiche Käse wie Parmigiano, Provolone oder Pecorino. In Italien gelten diese Weine als vini da meditazione und werden oft pur genossen.
Die klassische Kombination für edelfaule Dessertweine ist Sauternes mit Roquefort-Käse. Ebenso bekannt ist die Paarung mit Leberpastete. Natürlich harmonieren diese Weine auch mit Süssspeisen wie Vanillecreme im Blätterteig oder Crème brûlée. Trockenbeerenauslesen sind alkoholisch leichter und begleiten feinfruchtige Desserts wie Apfelkuchen besonders gut. Sie sehen: Der Vielfältigkeit der Dessertweine sind keine Grenzen gesetzt. Probieren Sie selbst verschiedene Kombinationen und entdecken Sie die unterschiedlichen Varianten süsser Dessertweine.