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Was Disteln, ABC und der 22. Mai mit Wein zu tun haben

Lernen Sie einen der grossen Weissweinklassiker mal von einer ganz neuen Seite kennen. Passend zum International Chardonnay Day haben wir fünf überraschende Facts über die berühmte weisse Rebsorte zusammengestellt, die Sie bestimmt noch nicht kennen. 

von Anselm Link am 22.05.2025

Was Disteln, ABC und der 22. Mai mit Wein zu tun haben

1) Feiertag im «Ort der Disteln»: Edle Rebsorte mit dornigem Namen

Ursprünglich stammt Chardonnay aus der französischen Region Burgund, genauer gesagt aus dem kleinen Dorf Chardonnay im Gebiet Mâconnais. Der Name der Gemeinde Chardonnay bedeutet übersetzt soviel wie «Ort der Disteln», doch mit den dornig-stacheligen Gewächsen hat die Rebsorte nur sehr wenig gemeinsam. Während der Rest der Welt den internationalen Chardonnay-Tag immer am Donnerstag vor dem Memorial Day zelebriert, wird dieser Gedenktag in der Heimat des Charadonnay traditionell etwas später begangen, nämlich am Donnerstag in der Himmelfahrtswoche gefeiert dieses Jahr also am 29. Mai.

 

Heute zeigt Chardonnay globale Präsenz, wird in nahezu allen Weinbaugebieten der Welt angebaut und spiegelt das jeweilige Terroir in zahlreichen unterschiedlichen Stilistiken und Geschmacksrichtungen wider. Neben Boden und Klima spielt dabei auch der Faktor Mensch eine zentrale Rolle. Denn durch den Zeitpunkt der Ernte, die Art der Gärung und Methode des Ausbaus wird der Charakter des Weins ebenfalls massgeblich beeinflusst.​ Viel häufiger als bei den meisten anderen Weissweinsorten werden bei der Vinifikation von Chardonnay Verfahren wie die malolaktische Gärung, Hefesatzlagerung und der Barrique-Ausbau praktiziert. 

2) Anpassungsfähig und vielseitig 

Die Rebsorte Chardonnay ist bekannt für ihre Fähigkeit, sich an verschiedene Klimazonen und Böden individuell anzupassen: Chardonnay gedeiht sowohl in kühleren Regionen wie dem Burgund oder Südtirol, als auch in wärmeren Gebieten wie Kalifornien oder Mendoza. Diese Flexibilität ermöglicht eine beeindruckende Bandbreite an Weinstilen – von frischen, mineralischen Weinen mit reduktiver Frucht sowie delikaten Zitrus- und Kräuternoten bis hin zu opulenten, buttrigen Varianten mit Haselnuss-, Vanille- und Marzipanaromen.​

3) Platz 5 im Rebsorten-Ranking

Laut einer Statistik des Wissenschaftlers Kym Anderson waren im Jahr 2016 weltweit mehr als 200'000 Hektar Rebfläche mit Chardonnay bestockt – in der Rangliste der meist angepflanzten Rebsorten liegt Chardonnay damit auf dem fünften Platz. Gegenüber 1990 mit damals nur knapp 70000 Hektar bedeutet dies eine Verdreifachung der Anbaufläche in gerade mal 25 Jahren. Ganz vorne liegt in der Rebflächenstatistik natürlich die Grande Nation Frankreich mit mehr als 47000 Hektar, gefolgt von den Vereinigten Staaten (>41000 Ha), Australien (>21000 Ha) und Italien (>19000 Ha). Und auch für unsere Breiten weist Andersons Statistik eine steigende Chardonnay-Anbautendenz aus: Während im Jahr 2016 in der Schweiz 359 Hektar mit der weissen Burgundersorte bepflanzt waren, sind für Deutschland 2100 Hektar angegeben. 

4) Frankreichs grosse Liebe

Naturgemäss ist die Rebsorte Chardonnay in ihrem Heimatland Frankreich schon deutlich länger als irgendwo sonst auf der Welt sehr beliebt. Daher ist es nicht verwunderlich, dass sich die Anbaufläche von 7325 Hektar im Jahr 1958 um das Siebenfache auf 47'451 Hektar im Jahr 2016 erhöht hat. Hinter Ugni Blanc ist Chardonnay damit die zweithäufigste weisse Sorte in Frankreich. Dementsprechend ist Chardonnay auch ein elementarer Bestandteil vieler berühmter französischer Weine. So werden beispielsweise alle grossen burgundischen Weissweine aus Chardonnay gewonnen. Nicht umsonst sind 33% der regionalen Anbaufläche mit dieser Rebsorte bestockt – insbesondere in der südlichen Hälfte der Côte d’Or mit den weltberühmten AOCs Aloxe-Corton, Meursault und Montrachet, dazu noch Chablis und das Mâconnais. Ebenso werden alle als Blanc de Blancs gekelterten Champagner sortenrein aus Chardonnay produziert. Schon heute wächst die weisse Sorte auf 31% der Rebfläche in der Champagne und überflügelt womöglich bald die roten Sorten Pinot Noir und Pinot Meunier, denn die Tendenz für Chardonnay ist auch hier stark steigend.

5) Die ABC-Bewegung sorgt für maximale Popularität

Chardonnay zählt ohne jeden Zweifel zu den grossen Sorten der Weinwelt, den sogenannten Cépages nobles. Doch wer so viele Fans hat wie die Rebsorte Chardonnay, der hat eben auch eingefleischte Kritiker. Die bekanntesten haben sich mit der Abkürzung ABC (Anything But Chardonnay) Ende der 1980er-Jahre bemerkbar gemacht. Denn zu dieser Zeit war ein bestimmter Chardonnay-Stil sehr in Mode. Viele dieser trendigen Weissweine waren sehr alkoholreich und üppig, oft vordergründig betont mit den typischen Noten durch den Ausbau im neuen Barrique. Frische und Eleganz der Weine blieben dabei meist auf der Strecke. Die Ablehnung dieses Weinstils dokumentierten einige Weintrinker mit der Maxime Anything but Chardonnay und suchten nach Alternativen, um der Dominanz der Rebsorte zu entgehen. Der Popularität des Chardonnay hat diese Bewegung allerdings keinerlei Abbruch getan – man könnte meinen, sogar das Gegenteil ist eingetreten. Nicht nur die Anbaufläche hat sich vergrössert, auch die stilistische Vielfalt ist heute grösser denn je. Kein Wunder also, dass die Rebsorte Chardonnay seitdem unzählige neue Liebhaberinnen und Liebhaber in ihren Bann gezogen hat.  

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